Wenn Hebammen, Polizisten oder Fluglotsen auf ihre schlechte Bezahlung aufmerksam machen wollen, dagegen demonstrieren oder gar streiken, erfahren die Menschen dies zumeist aus der Tageszeitung. Doch was passiert, wenn Tageszeitungsredakteure streiken? Wer berichtet darüber?
Bereits vor Ostern am 15. April sind in Kiel erneut Redakteurinnen und Redakteure schleswig-holsteinischer Tageszeitungen zu einem Warnstreik zusammengekommen. Die seit Sommer 2013 laufenden Tarifverhandlungen waren Ende März nach der neunten Verhandlungsrunde ohne Ergebnis vertagt worden.
Die Redakteurinnen und Redakteure verabschiedeten eine Resolution an den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV), in der sie dazu aufforderten, bei der zehnten Verhandlungsrunde in Berlin ein akzeptables Angebot vorzulegen, dass für alle Regionen Gültigkeit hat. „Für eine Schlechterstellung des Nordens gibt es keine nachvollziehbaren Argumente. Für die Behauptung, den Verlagen im Norden gehe es schlechter als anderen, fehlt jeder Beleg. In den vergangenen Jahren lagen die Gehaltszuwächse für Redakteurinnen und Redakteure weit unter der allgemeinen Gehaltsentwicklung“, so die Streikenden in ihrer Resolution. Auch deshalb sei es Zeit für eine spürbare Anhebung.
In der Streikversammlung im „Legienhof“ kritisierten die Streikenden unter anderem die fehlende Berichterstattung über die Tarifauseinandersetzung in den eigenen Medien. Die Lübecker Nachrichten, die Kieler Nachrichten und die Dithmarscher Landeszeitung hatten ihre Leserschaft umfangreich und teilweise sogar in Leitartikeln kommentiert über die jeweils laufenden unterschiedlichen Tarifauseinandersetzungen in Deutschland unterrichtet. Bitter dabei: „Über einen Tarifkonflikt, der seit einem halben Jahr läuft und eine wichtige tarifpolitische Weichenstellung bedeutet – erfahren die Leser aus ihrer Zeitung nichts: den der Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen.“ Die Tageszeitungsredakteure halten es für problematisch, dass freie und unabhängige Presse sich dem Verdacht aussetzt, über bestimmte Themenfelder bewusst nicht zu berichten, denn die Leser hätten ein Recht auf umfassende Informationen, auch über die Hintergründe der Medien, die ihnen ihre Nachrichten liefern. Die eigenen Leser sind daher auf andere Quellen wie etwa elektronische Medien angewiesen (zum Beispiel das Kiel Journal) angewiesen. Daher wird die Forderung laut, dass auch die an dem Konflikt beteiligten schleswig-holsteinischen Zeitungen an geeigneter Stelle angemessen über den Tarifkonflikt in der deutschen Tageszeitungslandschaft berichten.
Die dju in ver.di fordert für die Redakteurinnen und Redakteure sowie Freie und Pauschalisten bei Tageszeitungen 5,5 Prozent mehr Gehalt und Honorar, die Ausweitung der tariflichen Geltungsbereiche auf Onliner sowie eine Weiterentwicklung der journalistischen Ausbildung.
In der zehnten Verhandlungsrunde für die rund 14.000 Redakteurinnen und Redakteure sowie Freie und Pauschalisten bei Tageszeitungen konnten am Donnerstag, dem 17. April, keine weiteren Verhandlungsfortschritte zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (dju in ver.di) und dem DJV erzielt werden. Die Verhandlungen wurden deshalb auf Mittwoch (23. April) vertagt.